„Moin Marcel,
seit dem Trainingsauftakt am Mittwoch, dem 25. Juni bist Du morgen, Donnerstag der 2. Oktober, offiziell exakt 100 Tage als Trainer des VfB Sennfeld im Amt. In dieser Zeit habt ihr reichliche Trainingseinheiten absolviert, zwei Pokalspiele und mittlerweile auch acht Meisterschaftsspiele.
Im Pokal ist man leider bereits in der 2. Runde gegen den starken TSV Mudau ausgeschieden. Dafür ging es in der Meisterschaft zunächst positiv mit dem 1. Sieg im 1. Spiel gegen den FC Grünsfeld los. Es folgten Niederlagen gegen TS Mosbach und Königshofen, ein Remis gegen Mitaufsteiger Billigheim, dann zwei Siege gegen Rosenberg und in Neunkirchen und zuletzt eine Heimniederlage gegen den starken TSV Mudau, mit einem 0:3.
Wie ist Dein Gesamteindruck von den ersten 100 Tagen beim VfB Sennfeld ?
Bisher fühle ich mich sehr wohl in Sennfeld. Mir hat es sofort wieder Spaß gemacht, mit der Mannschaft auf dem Feld zu arbeiten. Durch unseren bewusst früh gewählten Trainingsauftakt konnte ich mir einen guten Gesamteindruck der individuellen und mannschaftlichen Qualitäten verschaffen. Die Mannschaft hat eine großartige Mischung aus erfahrenen, aber auch jungen Spielern und bietet dadurch schon ein großes Potential für die kommenden Jahre.
Die ersten Spiele haben bereits gezeigt, dass mit taktischen Grunddisziplinen schon viel in der Klasse möglich ist. Wir stehen noch am Anfang unserer neuen mannschaftlichen Entwicklung, aber ich sehe den Willen der Jungs, die nächsten Schritte zu gehen. Hier bedarf es auch von Seiten der Zuschauer etwas Geduld mit der Mannschaft, diesen Prozess kannst du nicht von heute auf morgen erwarten, gerade in einer neuen Spielklasse.
Mein Gesamteindruck: Die Mannschaft zieht super mit, wir haben eine sehr gute Trainingsbeteiligung (ca. 75%), ein starkes Miteinander und viel Energie. Ich sehe klar, dass wir auf dem richtigen Weg sind und bin überzeugt, dass wir mit harter Arbeit und Teamgeist unsere Ziele erreichen werden.
Sicherlich hast Du dir, strukturiert wie Du bist, im Vorfeld so deine Gedanken gemacht, bzw. Erwartungen gehegt, was auf dich zukommen mag, wie Du ankommst, bzw. was dich so erwartet im neuen Umfeld. Auch wenn Du schon in mehreren Vereinen tätig warst, ist es doch immer eine Art Neuanfang.
Lass uns doch mal ein Stück weit daran teilhaben, was dir so alles vorschwebte – ist vieles anders gekommen als Du es erwartet hattest?
Das Umfeld ist sehr angenehm und man fühl sich direkt wohl und aufgenommen. Natürlich vergleichst du die Vereine miteinander, musst aber schon differenzieren können, woher welcher Verein kommt, welche Voraussetzungen vorhanden sind und welche Ziele verfolgt werden. Das kann ich definitiv gut einschätzen und deswegen beurteilen, dass der VfB tolle Strukturen geschaffen hat, die landesligatauglich sind. Die Verantwortlichen waren schon früh vor der Saison mit mir in Kontakt und haben die notwendigen und gewünschten Trainings- und Spielutensilien besorgt.
Auch die Trainingsbedingungen in Sennfeld, Roigheim und Leibenstadt bieten uns gute Voraussetzungen für einen reibungslosen Trainingsbetrieb auf und neben dem Feld. Somit steht einem strukturierten und leistungsorientiertem Training nichts im Weg.
Kleinigkeiten wirst du immer und überall finden, aber das gehört dazu, keiner von uns ist perfekt.
Jetzt sind 100 Tage auf meine nächste Frage kein so großer Zeitraum, um aus einem allzu großen Repertoire schöpfen zu können.
Dennoch wollte ich dich fragen, was dich positiv überrascht hat und was dich eher enttäuscht hat?
Die große Unterstützung bei den Heim- und Auswärtsspielen finde ich super. Das war mir ja aus früheren Duellen schon bekannt, aber wenn du dann für die Farben spielst, ist es umso schöner. Also eigentlich keine große Überraschung, dennoch finde ich es wichtig dies zu erwähnen, da es sicherlich auch eine sehr tolle Anerkennung an die Spieler für ihre Spielweise, Einstellung und Leidenschaft ist.
Aber so wollen wir auch auftreten. Wir wollen einen mutigen, modernen, aber auch erfolgreichen Fußball spielen, ohne die Entwicklung der jungen Spieler zu hemmen. So können wir sicherlich noch den ein oder anderen fußballinteressierten Zuschauer aus der Region dazugewinnen, unsere Spiele zu verfolgen.
Es braucht schon einiges, um mich zu enttäuschen. Ich habe für viele Situationen Verständnis, und mit einer offenen, sachlichen Kommunikation lassen sich die meisten Themen schnell klären. Bei manchen Dingen braucht es einfach etwas mehr Zeit und gegenseitiges Verständnis. Grundsätzlich bin ich überzeugt, dass jeder eine zweite und sogar dritte Chance verdient – wir lernen alle aus Erfahrungen und wachsen daran.
Es kommt gut an, dass Du sehr präsent bist und nicht irgendwie unnahbar. Du sprichst mit anwesenden Zuschauern vor dem Spiel, bist auch nach dem Spiel bei den Gästen am Sportheim, oder lässt dich noch auf einen Smalltalk mit den Schiris oder auch Zuschauern ein. Das alles erweckt den Eindruck, dass es Dir ganz gut gefällt.
Fühlst Du dich wohl beim VfB, oder was könnte/müsste/sollte noch optimiert werden?
Das ist so meine Art und gehört meines Erachtens genauso zum Trainerjob im Amateurfußball dazu wie das Training mit den Jungs. Ich würde gerne noch mehr Zeit mit den Zuschauern vor, bzw. nach dem Spiel/Training verbringen aber als Spielertrainer hast du oft nicht die zeitlichen Möglichkeiten wie „nur“ ein Trainer. Dieser Position vollumfänglich als Spieler, wie auch als Trainer gerecht zu werden, ist annähernd nicht möglich und wird dir deshalb auch in den meisten Trainerlizenzen abgeraten.,
Zudem war es der Faktor Zeit, warum ich mir letzte Saison ein Jahr „Fußballauszeit“ genommen hatte. In diesem Niveau brauchst du einfach 15 bis 18 Stunden die Woche, um den Jungs einen leistungsgerechten Spiel- und Trainingsbetrieb zu ermöglichen. Diese Zeit „fehlt“ dir mit deiner Familie und Freunden. Deswegen bin ich nicht immer noch ewig nach dem Spiel/Training am Sportgelände, wenn ich z.B. weiß, dass mein Kleiner (Milan) noch wach ist und wir eventuell noch was zusammen machen können.
Doch die Zeit, in der ich da bin, macht mir extrem viel Spaß und fühlt sich richtig an. Danke für die ersten gemeinsamen 100 Tage und die herzliche Aufnahme im Verein.
Vielen Dank Marcel,
weiterhin eine schöne und erfolgreiche Zeit beim und mit dem VfB Sennfeld.
