Ende September trafen sich der Ehrenvorsitzende Jürgen Walter und Schriftführer Sigi Karrer zu einem Interview, 1 ½ Jahre nach dessen Ausscheiden als Vereinsvorsitzender aus der Vorstandschaft und nach der Ernennung zum Ehrenvorsitzenden des VfB Sennfeld bei ihm zuhause in dessen Büroräumlichkeiten.
In Kürze zur Person:
Jürgen Walter fungierte nach sportlichen Aktivitäten in Großeicholzheim, Mosbach und Lauda, danach beim MFV und in Obrigheim, schließlich von 1993-1996 als Spielertrainer beim VfB und musste 1997 seine aktive Laufbahn frühzeitig beenden. Bereits mit 23 Jahren übernahm er als Abteilungsleiter Fußball in den Jahren 1995 bis 1998 Verantwortung. In der Zeit von 1999 bis 2001 war er bereits 2. Vorsitzender. Von 2002 bis 2006 war Jürgen Walter erstmals gemeinsam mit Burkhard Balles Vorsitzender des Vereins. In diese Amtszeit fielen u.a. der Aus- und Umbau des Sportheims, sowie der Neubau der Hochwassergeschützten Garage. Nach einer Auszeit von zehn Jahren übernahm Jürgen Walter 2016 zusammen mit Burkhard Balles, Uwe Seyboth und Wolfgang Bielesch erneut Verantwortung und den Vorsitz. 2017 bis 2019 war nach dem Ausscheiden von Uwe Seyboth von nun an Jens Bönisch mit im Boot. Von 2021 bis 2022 bildeten Tobias Balles und Jürgen Walter die Vereinsspitze, ehe es 2023 mit André Schönsiegel wieder ein Dreiergremium war. Oft waren es keine einfachen Zeiten, so auch, als es 2016/17 im sportlichen Bereich nicht allzu gut um den Fußball bestellt war. Im Sommer 2017 war dann allerdings die große Zeit der Spielgemeinschaften und Fusionen. Es wurden u.a. erste Gespräche, nach Problemen beim SV Roigheim, zwecks Bildung einer Spielgemeinschaft geführt und schließlich zur Mitte des Jahres wurden diese besiegelt.“
„Moin Jürgen,
nach nunmehr 1 ½ Jahren bist du seit dem 1. März 2024 nicht mehr Vorsitzender des VfB Sennfeld und hast auch sonst keine weitere offizielle Funktion mehr im Verein inne. Du bist „nur“ noch Ehrenvorsitzender.
Zunächst aber, Chapeau für dein zurückliegendes Engagement für und im Verein – Danke!
Jürgen, ich kenne das Gefühl, welche Last von einem fällt, wenn man eine Funktion nicht mehr innehat, erst recht die Funktion eines Vorsitzenden eines Vereins.
Was war Deine erste Handlung am Tag nach der Mitgliederversammlung, das Du z.B. von deinem Rechner gelöscht hast, oder was auch immer du sonst erst mal aus deinem Gedächtnis gestrichen hast?
Vorab, ganz ehrlich – ich habe nichts vom Rechner gelöscht -ich habe eigentlich deshalb aufgehört, um die kleinen Dinge loszuwerden, die man stets zu erledigen hat, die aber auch nerven und einen unnötig aufhalten. Ich habe also das Amt des Vorsitzenden nicht deshalb aufgegeben, um mit dem VfB zu brechen, sondern ich habe versucht, dies sinnvoll und geordnet zu übergeben, damit es reibungslos weitergehen konnte.
Viele sagen oft leichtfertig, „na ja, da ist man eben Vorsitzender, das meiste machen eh all die anderen, und, und, und …“ – auch da kann ich ein Stück weit aus zurückliegender Zeit mitfühlen und bestätigen, dass dem definitiv nicht so ist.
Was waren deine zeitlich aufwändigsten Tätigkeiten, die Du für den Verein investieren musstest und ganz ehrlich, was waren die wirklich eher „lästigen“, bzw. „undankbaren“ Tätigkeiten, die du gerne auch vor dir hergeschoben hast?
Die lästigen, undankbaren Dinge waren beispielsweise solche Kleinigkeiten, wie die Frage, ob der Rasen gemäht ist oder aber das Wasser im Sportheim läuft, Dinge dieser Art. Meine Intension war eigentlich, die sportliche Fortentwicklung des Vereins als Ganzes voranzubringen.
Richtig intensiv waren selbstverständlich die Gespräche bei den Verhandlungen mit neuen Spielern, sie zu überzeugen, sich dem VfB anzuschließen. Und nicht nur bei den neu hinzustoßenden Spielern war dies häufig mühsam, selbstverständlich auch bei den „alten“ Spielern mit Abwanderungsabsichten und nicht zu vergessen, die zeitintensive Gespräche bei den Verpflichtungen neuer Trainer.
Ich glaube, dass ich keine falsche Aussage treffe, wenn ich sage, die Arbeit, die Du als Vorsitzender geleistet hast, kann sich nur jemand leisten, der selbständig und keinem Chef Rechenschaft schuldig ist, wie viel Zeit Du/Mann für den Verein im Laufe eines und vermutlich sehr vielen Arbeitstagen für den Verein investiert hast.
Wie viel Zeit hast Du schätzungsweise so im Durchschnitt für den Verein am Tag, bzw. in der Woche investiert?
Kurz und knapp – pro Tag waren das sicherlich zwei Stunden – die ersten drei Tage nach einem Wochenende, also Montag, Dienstag und Mittwoch waren meist sehr heftig und zeitintensiv, natürlich oft auch abhängig wie erfolgreich, oder weniger erfolgreich das Sportwochenende verlaufen war, ob z.B. zeitnah Stellungnahmen geschrieben werden mussten, oder nicht. Das Größte an Arbeit war aber natürlich immer auch das, dafür zu sorgen, dass innerhalb der Vorstandschaft keine schlechte Stimmung aufkam. Schließlich befinden wir uns im Ehrenamt und ist somit auch auf das ‚good will‘ jedes Einzelnen angewiesen.
Stets war es auch so, falls etwas nicht funktionierte, dann blieb es zuallerletzt am Vorsitzenden, oder Abteilungsleiter hängen – und dies stresste.
Am Ende des Tages, bzw. mit Beendigung des Amtes als Vorsitzender wurde ich von einer großen Last an Verantwortlichkeiten befreit.
Als Vorsitzender eines Vereins ist man quasi auch nie privat, bzw. außen vor – man ist/sollte immer ansprechbar und verfügbar sein und stets verbunden mit einer gewissen Vorbildfunktion.
Was war das Größte, der schwerste Brocken, der dir sprichwörtlich vom Herzen fiel und Du froh warst, dass Du daran nicht mehr täglich denken musst, bzw. was hat dich eigentlich generell um vieles im wahrsten Sinne des Wortes „frei“ gemacht?
Generell handhabe ich es so, dass ich morgens zuerst das Unangenehmste erledige und abarbeite, damit das von meiner ‚to do Liste‘ weg ist. Das entscheidende diesbzgl. war, dass ich ab diesem ersten Tag von diesen Kleinigkeiten befreit war, die stets wie so kleine Nadelstiche wirkten und auch etwas Belastendes hatten.
Das „normale“ Leben gewöhnt sich sehr schnell an zusätzliche „Freiheiten“. Man nimmt sich vor, wenn ich einmal dieses oder jenes Amt nicht mehr innehabe, dann unternehme ich stattdessen dies oder das.
War das bei Dir ähnlich, hattest Du dir speziell etwas vorgenommen für die Zeit, wenn Du mal nicht mehr VfB Vorsitzender bist, und falls ja, was war das?
Ich habe mir nicht vorgenommen etwas Anderes, oder etwas Neues zu machen, sondern ich habe mir vorgenommen, dass ich mich weiter und intensiver um den sportlichen Bereich kümmern möchte, ohne allerdings die vereinsimmanente Verantwortung tragen zu müssen. Noch heute telefoniere ich 3-4 pro Woche mit dem Vorsitzenden André und es ist, wie gesagt, ja nicht so, dass ich nichts mehr mit dem Verein zu tun haben will.
Kommen wir auf den Verein selbst zu sprechen. Du hattest ja mit dem Aufstieg der 1. Mannschaft in die Landesliga im Jahr 2023, dem Jubiläumsjahr “100 Jahre VfB Sennfeld“ Deinen perfekten Abgang initiiert.
Jetzt sage ich mal etwas provokativ, dass man leider auch unnötigerweise, gleich nach einem Jahr, wieder in die Kreisliga abgestiegen ist. Für mich ließen so manche Spieler in der Schlussphase der Saison das nötige Engagement und die Empathie vermissen, womit man m.E. den Klassenerhalt hätte schaffen können.
Wie siehst Du die Zeit im Zeitraffer betrachtet – Aufstieg in Landesliga – LL-Saison – Abstieg in Kreisliga?
Ganz einfach war das nicht, dass man zum “100-Jährigen“ in der Landesliga spielte. Und ja, dennoch war es quasi eine Punktlandung und eigentlich wollte man auch die Klasse halten. Diese erforderlichen drei Punkte aus den letzten Spielen hat man leider nicht erreicht, angefangen beim Spiel in Diedesheim.
Zu konkreten „Anschuldigungen“ werde ich mich verständlicherweise nicht äußern wollen.
Angefangen hat das Ganze seinerzeit, in der Saison 2016/2017, als man fast in die B-Klasse abgestiegen wäre – dort habe ich mit dem seinerzeitigen AL Sven das Ziel formuliert, bis im Jubiläumsjahr in die Landesliga aufzusteigen, weshalb ich natürlich vielfach belächelt wurde. Auch das Ziel des Abteilungsleiters, sich vorzunehmen, dass Sennfelder Fußballer auch wieder in Sennfeld spielen sollen, war dem Ganzen selbstverständlich dienlich.
Michi Bauer hat den Aufstieg in die Landesliga als Co-Trainer miterlebt, den Abstieg ebenso und kann sich den erneuten, alleinigen Aufstieg in die Landesliga in diesem Jahr in seine Vita schreiben. Du hattest in deiner langen Laufbahn in verschiedenen Funktionen als Abteilungsleiter, Trainer oder Vorsitzender sicherlich mit vielen Trainern zu tun.
Könntest Du bitte ein kurzes Statement zu den beiden zurückliegenden Trainern Michael Lieb, Michael Bauer und dem aktuellen Trainer Marcel Baumann geben?
Wenn man diese drei Trainer sieht, kann man im Prinzip sagen, drei grundverschiedene Trainer, drei verschiedene Charakter, und jeder hat zu seiner Zeit das Beste aus der ihm zu Verfügung stehenden Mannschaft herausgeholt.
Zunächst Michael Lieb, der es als Trainer schaffte, erstmalig mit dem VfB Sennfeld den Aufstieg in die Landesliga zu erreichen. Michael Bauer war als Co-Trainer mit in der Landesliga tätig, stieg mit ab und schaffte mit hervorragender Arbeit den Wiederaufstieg.
Marcel Baumann hat es mit seinem fundierten Fachwissen geschafft, die heutige Mannschaft in der Landesliga zu etablieren.
Jürgen, wir sind mittlerweile im Hier und Heute angelangt. Unsere 1. Mannschaft schlägt sich wacker in der, wie zu erwarten, starken Landesliga. Es gibt vielfältige Meinungen ob der Zukunft, wie es am Ende aussehen möge. Die einen wünschen sich einfach den Klassenerhalt, andere sehen diesen als nicht erreichbar und wieder andere sehen gar einen einstelligen Tabellenplatz.
Wie ist Deine Prognose, wo der VfB Sennfeld am Ende der Saison stehen wird?
Das hängt von verschieden Faktoren ab – doch meine ganz klare Prognose allerdings ist die, dass wir die Saison auf einem 9. oder 10. Platz beenden, verbunden mit der Hoffnung, dass wir im letzten Vierteljahr mit dem Abstieg nichts mehr zu tun haben.
Wir haben uns bislang ausschließlich über Fußball unterhalten, neben Badminton ist aber auch die TT-Abteilung ein wichtiger und großer Bestandsteil des Vereins. Eberhard Friedrich seit Gründung der Abteilung deren Vorsitzender, der es immer noch versteht, irgendwie alles zusammen zu halten.
Wie siehst du die Geschichte der TT-Abteilung, bzw. auch, wie es in Zukunft weiter gehen könnte/sollte?
Die TT-Abteilung wurde stets gleichwertig innerhalb des Vereins geführt.
Die Geschichte der TT-Abteilung ist seit 40 Jahren eine Erfolgsgeschichte, die ausschließlich mit der Persona Felix, Eberhard Friedrich, verbunden ist. Für die Zukunft ist es dringendst erforderlich, den Jugendbereich mit einzubeziehen, um den Fortbestand zu gewährleisten.
Es muss zwangsläufig auch ein Generationswechsel erfolgen, da ansonsten ein Fortbestand gefährdet erscheint. Es muss somit auch ein Verjüngungsprozess mit einhergehen.
Die Jugend eines Vereins ist eigentlich das Standbein für die Zukunft. Nun haben wir, die JSG Seckachtal (aber nicht nur wir), allerdings immense Probleme, die Bereiche der B- und A-Junioren mit Spielern bestücken zu können. Konkret, wir haben keine A- und keine B-Jugend-Mannschaft gemeldet. Quasi das „Rückgreifbecken“ für die Senioren, irgendwann einmal auf die Junioren für den Seniorenbereich zurückgreifen zu können. Und genau da haben wir derzeit die volle Flaute, bzw. keine Mannschaften, die wir melden können.
Wie siehst Du dies für die Zukunft? Werden wir da noch weitere Fusionen befürchten, oder eingehen müssen, und falls ja, mit wem ggf.?
Meine persönliche Ansicht/Meinung ist die, dass es in ca. 10 Jahren vielleicht noch 10-15 Mannschaften im gesamten Kreis Buchen geben wird – bereits in den 80er Jahren hat man im Jugendbereich kooperiert und wenn man die derzeitigen Vereinskooperationen sieht, dass z.B. fünf, oder auch mehr Mannschaften zu einem Verein kooperieren, wie auch, dass in den Sportkreisen von Sinsheim über Mosbach, Buchen und Tauberbischofsheim nur noch eine A-Jugendklasse existiert. Dann sieht das alles relativ bedenklich aus.
Vielleicht gibt es keine A- und B-Klasse, bzw. Kreisliga mehr, sondern möglicherweise nur noch eine Klasse im ganzen Kreis.
In dieser Gesamtsituation hat m.E. hier der VfB stets die richtige Entscheidung getroffen und rechtzeitig mit den entsprechenden und Vereinen kooperiert und fortan zusammengearbeitet.
Mein letztliches Ziel ist es, dass wir einer dieser letzten 10-15 Vereine sind, die dann noch aktiv und präsent sind. Ich habe vor der Zukunft keine besonderen Bedenken, eher im Fußball allgemein.
Soweit zu meinen vorrangigsten Fragen.
Nun, Du erinnerst Dich ganz gewiss – früher hatten wir in unserer monatlich erschienen, von Dir ins Leben gerufenen, Vereinszeitschrift „VfB-LIVE“ zum näheren Kennenlernen von Spielern und Verantwortlichen eine Doppelseite mit dem Titel “PORTRAIT“ und dazu die nachfolgenden Fragen, wie man sie auch aus dem Sportteil in der Zeitung kennt, die ich Dich bitten möchte, mir zu beantworten:
- Welches ist dein Lieblingsverein? – FC Schalke
- Zu welcher Musikrichtung tendierst Du? – Rock & Pop
- Wenn Du nur ein Land wegen seines Essens besuchen dürftest, dann wäre dies? – Italien
- Wo wärst Du jetzt am liebsten? – da wo ich jetzt bin
- Wen würdest Du heute Abend gerne kennenlernen? – Uli Hoeneß
- Wem möchtest Du auf keinen Fall in der Sauna begegnen? – bin kein Saunagänger
- Wie bringt man dich aus der Fassung?
Schwer, weil ich in der Regel dann vorab nach einer Lösung suche –
scherzhaft: dann, wenn Schalke deutscher Meister wird
- Welche Gabe möchtest Du besitzen? – in die Zukunft zu blicken
- Womit, oder wie entspannst DU dich? – Ganz einfach, Golf spielen, das ich auch am liebsten mache
- Welchen Sport würdest Du nie ausüben? – Rennen in jeglicher Art und Form
- Was ist für dich die wichtigste Erfindung? – Smartphone
So, wir haben es fast geschafft. Ganz zum Schluss noch bitte: Entweder – oder!?
Kaffee x Tee □
Hund x Katze □
Meer x Berge x
Winter □ Sommer □
Ich erfreue mich an allen vier Jahreszeiten, jede hat ihren besonderen Reiz.
Buch □ TV x
Süß x Sauer □
Fahrrad □ Auto x
Lieber Jürgen,
ich danke Dir recht herzlich dafür, dass Du dir die Zeit für meine Fragen genommen hast, wie auch für deine umfänglichen, ehrlichen Antworten.
Es hat sehr viel Spaß gemacht – ich wünsche Dir für die Zukunft weiterhin alles Gute.
es grüßt Euch
